RECHTSANWÄLTE RUPPRECHT & RÖSCH


Unsere Kanzlei mit Standorten in Rosenheim und München
ist ein modernes Dienstleistungsunternehmen, um die
Interessen gewerblicher sowie privater Mandanten
bestmöglichst zu vertreten.

RECHTSANWÄLTE RUPPRECHT & RÖSCH

Unsere Kanzlei mit Standorten in Rosenheim und München ist ein modernes Dienstleistungsunternehmen, um die Interessen gewerblicher sowie privater Mandanten bestmöglichst zu vertreten.

Erbrecht


Erbschaftssteuer bzw. Schenkungssteuer

Erbschaftssteuerreformgesetz


A. Höhe der Erbschafts-/Schenkungssteuer:

Die Höhe der Erbschaftsteuer wird nicht nur von der Höhe des übergegangenen Vermögens sondern auch von der Einordnung in 3 Steuerklassen bestimmt (§ 15 ErbStG). Die Einteilung in eine Steuerklasse richtet sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser bzw,. dem Schenker und der begünstigten Person (Steuerklasse I = günstig; Steuerklasse III = ungünstig).

Die Höhe der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) ist auch abhängig von den persönlichen Freibeträgen und der Höhe des anzuwendenden Steuersatzes. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft (auch Verlöbnis) gilt nicht als Verwandtschaftsverhältnis und wird in Klasse III eingeordnet. Je enger das Verwandtschaftsverhältnis ist, desto höher sind auch die persönlichen Freibeträge.

Eingetragene Lebenspartnerschaften: Eingetragene Lebenspartner wurden bis zur Veröffentlichung des Jahressteuergesetzes 2010, d.h. bis zum 14.12.2010 wie weiter entfernte Verwandte in die ungünstige Steuerklasse III eingestuft. Dies bedeutete deutlich höhere Steuersätze als für Ehegatten. Homosexuelle (eingetragene) Lebenspartner dürfen aber bei der Erbschaftssteuer nicht gegenüber Ehepartnern benachteiligt werden.

Mit dem Jahressteuergesetz 2010 ist nun eine vollständige Gleichstellung von Lebenspartnern und Ehegatten im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht – also auch in den Steuersätzen – vollzogen worden. Damit werden Lebenspartner im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz steuerlich den Ehegatten gleichgestellt.

1. Einteilung in Steuerklassen:

Bei der Einteilung in die Steuerklassen ist entscheidend, in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis der Erbe (Beschenkte) zum Erblasser (Schenker) steht. Die Steuerklassen bei der Erbschaftsteuer sind wie folgt aufgeteilt:

Steuerklasse I:

der Ehegatte, Lebenspartner

Kinder und Stiefkinder,

Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder (Kinder der Kinder und Stiefkinder)

die Eltern und Großeltern (im Todesfall, Erbschaft, Erwerb von Todes wegen)

Steuerklasse II:

die Eltern und Großeltern, soweit sie nicht zur Steuerklasse I gehören (also bei Schenkung),

die Geschwister,

die Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern (Nichten, Neffen),

die Stiefeltern,

die Schwiegerkinder,

die Schwiegereltern,

der geschiedene Ehegatte und der Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft

Steuerklasse III:

Alle übrigen Personen, wie zum Beispiel der nichteheliche Lebenspartner, Neffen, Nichten, Pflegekinder, Pflegeeltern, Freunde. Mit dem Jahressteuergesetz 2010 ist nun eine vollständige Gleichstellung von Lebenspartnern und Ehegatten im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht – also auch in den Steuersätzen – vollzogen worden. Damit werden Lebenspartner im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz steuerlich den Ehegatten gleichgestellt. Die neue Regelung im Erbschaftsteuerrecht gilt für alle Erwerbe, also für Erbschaften und für Schenkungen ab Veröffentlichung des Jahressteuergesetzes 2010, d.h. ab dem 14.12.2010 und nicht erst ab dem 1. Januar 2011. Auch bei der Grunderwerbsteuer sind eingetragene Lebenspartner den Ehegatten nun gleichgestellt.

Wechselmöglichkeit günstigere Steuerklasse durch Antrag:

Nach § 15 Abs. 3 ErbStG ist auf Antrag das Verwandtschaftsverhältnis des Schlusserben (oder Vermächtnisnehmers) zum zuerst verstorbenen Ehegatten zu berücksichtigen, wenn ein gemeinschaftliches Testament derartige Verfügungen trifft. Damit kann man in eine höhere Steuerklasse "wechseln", indem das günstigere Verwandtschaftsverhältnis zu dem erstverstorbenen Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner zu berücksichtigen ist.

Die Schlusserben des Berliner Testaments können so – abweichend vom Erbrecht – in eine günstigere Steuerklasse wegen des Verwandtschaftsgrades zum Erstverstorbenen Ehegatten "wechseln". Voraussetzung: Das Vermögen des erstverstorbenen Ehegatten muss beim Erbgang des letztverstorbenen Ehegatten noch vorhanden und der überlebende Ehegatte muss insoweit an die letztwillige Verfügung gebunden sein. Eine zwischenzeitliche Änderung durch den überlebenden Ehegatten beim gemeinsamen Nachlassvermögen ist nicht steuerschädlich, wenn hierdurch die Erbquote nicht geändert wird (BFH-Urteil vom 16.06.1999 - BStBl II 1999, 789). Mit der Neuregelung der Erbschaftsteuer sind die Steuersätze und die Freibeträge spürbar geändert worden. Dabei ist genau zu unterscheiden zwischen den Steuersätzen in der Steuerklasse II, die für das Jahr 2009 gelten und den Steuersätzen ab dem Jahr 2010. Mit Wirkung vom 01.01.2010 wurden die Steuersätze für die Erbschaftsteuer in der Steuerklasse II abgesenkt. Die geringeren Steuersätze im Sinne des § 19 Abs. 1 ErbStG 2010 gelten daher erst ab dem 1.1.2010 und nicht bereits rückwirkend zum 1.1.2009. Schenkungen und Erbschaften im Jahre 2009 an Personen der Steuerklasse II werden daher sehr hoch besteuert. Erben können nur hoffen, dass ggf. die hohe Besteuerung von Geschwistern für das Jahr 2009 für verfassungswidrig angesehen wird. Beim Bundesfinanzhof ist bereits ein entsprechendes Verfahren (Az II B 168/09) anhängig.

2. Höhe der Steuersätze in Prozent:

Die folgende Tabelle zeigt die Höhe des Steuersatzes in Prozent je Steuerklasse, abhängig von dem Wert des Erbes auf Basis der Erbschaftsteuer 2009 und im Hinblick auf die Steuerklasse II ab dem 01.01.2010. Ab dem Jahr 2010 gelten in der Steuerklasse II geringere Steuersätze. Für Betriebsnachfolger gelten unabhängig vom Verwandtschaftsgrad die Steuersätze der Klasse I. Die Grenzen der Tarifstufen wurden zugunsten der Steuerpflichtigen nach oben geglättet. In Steuerklasse I bleibt es bei den geltenden Tarifsätzen, für die Steuerklassen II und III wurde ein mehrstufiger Tarif wie folgt eingeführt:

Steuersätze in Prozent je Steuerklasse für ErbSt

bis Wert in Euro

I

II ab 2010

II (2009)

III

75.000

7

15

30

30

300.000

11

20

30

30

600.000

15

25

30

30

6.000.000

19

30

30

30

13.000.000

23

35

50

50

26.000.000

27

40

50

50

über 26.000.000

30

43

50

50

Erbschaftsteuer wird nur erhoben, wenn der steuerliche Wert des Erwerbs bestimmte Freibeträge übersteigt. Innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Todestag vom Erblasser erhaltene Vermögensvorteile (z. B. Schenkungen) werden mit dem Erwerb von Todes wegen zusammengerechnet. Die Höhe der Freibetrag richtet sich nach der Steuerklasse und der Freibetrag wird vom Wert des Nettoerwerbs abgezogen.

Die persönlichen Freibeträge gemäß § 16 ErbStG bei der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer beginnen nach Ablauf einer 10-Jahres-Frist wieder neu. Durch planmäßige Schenkungen sollten die Freibeträge deshalb ausgenutzt werden. Leider wird dies häufig versäumt oder aufgrund falschen Mißtrauens der künftigen Erben gegenüber nicht ausgenutzt. Der Freibetrag der Kinder gilt im Verhältnis zu jedem Elternteil. Vater und Mutter können deshalb jedem Kind jeweils einen Vermögenswert bis zu 400.000 Euro frei von Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer zukommen lassen. Von den persönlichen Freibeträgen sind die generellen sachlichen Steuerbefreiungen des § 13 ErbStG abzugrenzen. So gibt es zum Beispiel einen sachlichen Freibetrag für Hausrat für Personen in der Steuerklasse I von 41.000 Euro und für Hausrat und sonstige Gegenstände in den Steuerklassen II und III in Höhe von 12.000 Euro.

Persönliche Freibeträge in Euro

Erwerber

Freibetrag

Ehegatten

500.000

Kinder, Stief- und Adoptivkinder sowie Enkel, deren Eltern bereits verstorben sind

400.000

Enkel, deren Eltern noch leben, Urenkel

200.000

Eltern und Großeltern (bei Erbschaft)

100.000

Personen der Steuerklasse II (z.B. Geschwister)

20.000

Personen der Steuerklasse III (Nichtverwandte)

20.000

eingetragene Lebenspartner

500.000

 

Im Fall unbeschränkter Erbschaftsteuerpflicht richtet sich die Höhe des persönlichen Freibetrags nach der Steuerklasse des Erwerbers (§ 16 Abs. 1 ErbStG).

Beispiel zur Berechnung der Erbschaftsteuer ab 2010:

Beispiel 1: Ein Kind erbt (oder erhält durch Schenkung) 300.000 Euro. Da der Freibetrag 400.000 Euro beträgt, ist keine Erbschaftssteuer zu zahlen.

Beispiel 2: Ein Erbe der Steuerklasse II erbt ein Vermögen von 100.000 Euro. Der Freibetrag beträgt 20.000 Euro und der Steuersatz beträgt 20 Prozent. Es sind mithin 16.000 Euro an Erbschaftsteuer (100.000 € - Freibetrag 20.000 € = 80.000 €, 20% Erbschaftssteuer auf 80.000 Euro = 16.000 €) zu zahlen.

Härteausgleich im Erbschaftsteuertarif (Steuermilderung)

Die Erbschaftsteuer wird nach Prozentsätzen erhoben. Wie in jedem Stufentarif üblich, gibt es durch die Wechsel in die nächst höhere Prozentstufe Sprünge im Steuertarif. § 19 Abs. 3 ErbStG sorgt - von Amts wegen - dafür, dass ein so genannter Härteausgleich bei einem Belastungssprung im Erbschaftsteuertarif vorgenommen wird. Von Amts wegen bedeutet, dass dies automatisch vom Finanzamt (also Antrag des Steuerbürgers) erfolgt.

Beispiel: Eine Schenkung an eine Person der Steuerklasse II in Höhe von 78.000 Euro (nach Abzug aller Freibeträge) ist gemäß Erbschaftsteuertarif mit einem Steuersatz von 20 Prozent zu versteuern. Würde der Wert zum Beispiel nur 75.000 Euro ausmachen, so wäre lediglich ein Steuersatz von 15 Prozent anzuwenden. Die vorgenannte Regelung des Härteausgleichs besagt nun, dass hierdurch im Stufentarif auftretende Härten abgemildert werden. Die Erbschaftsteuer wird nur insoweit vom Unterschiedsbetrag erhoben, als die Steuerbetrags-differenz  bei einem Steuersatz bis zu 30 Prozent aus der Hälfte und bei einem Steuersatz über 30 Prozent aus drei Vierteln des die Progessionsstufe übersteigenden Betrags gedeckt werden kann.

Beispiel zum Härteausgleich: Der Unterschiedsbetrag (Progressionsstufe übersteigender Betrag) beträgt hier 3.000 Euro. Da der ErbSt-Satz hierfür nach Steuerklasse und Betrag unter 30% liegt, wird auf den Unterschiedsbetrag mit der Hälfte (=50%) gerechnet. Berechnung der Höhe der Erbschaftsteuer: Steuersatz (vorherige Stufe) in Höhe von 15% auf 75.000 = 11.250 Euro plus 50% auf 3.000 ergibt eine Gesamt-Erbschaftsteuer in Höhe von 12.750 Euro. Ohne die Härtefallregelung würde die Erbst 15.600 Euro (=20% von 78.000) betragen. Der Härteausgleich führt somit zu einer Erbschaftsteuer-Ersparnis in Höhe von 2.850 Euro.

3. Erbschaftssteuer auf Immobilien:

Die Vererbung von selbst genutztem Wohneigentum bleibt auf jeden Fall steuerfrei, wenn der überlebende Ehepartner (bzw. eingetragene Lebenspartner) oder die Kinder in dem Haus - eine bestimmte Mindestfrist (10 Jahre) - wohnen bleiben. Eine Nutzung als zweiter Wohnsitz ist als Verstoß gegen diese Bestimmung zu werten. Eine Vermietung darf ebenfalls nicht erfolgen. Für Kinder gilt zusätzlich noch die Einschränkung, dass eine Wohnfläche von 200 Quadratmetern nicht überschritten werden darf. Der darüber liegende Teil der Wohnfläche unterliegt der ErbSt, soweit die persönlichen Freibeträge überschritten werden.

B.

Die Besteuerung von Betriebsvermögen:

In § 13a ErbStG (Steuerbefreiung für Betriebsvermögen) und § 13b ErbStG (Begünstigtes Vermögen) hat der Gesetzgeber komplizierte für den Laien schwer lesbare Regelungen geschaffen.

Wir versuchen, alle wesentlichen Punkte der Erbschaftsbesteuerung von Betriebsvermögen in abgekürzter Version verständlich darzustellen.

1.  Wertermittlung: Verkehrswert aus Verkäufen unter fremden Dritten:

Der Wert von Betriebsvermögen (Einzelunternehmen, Personenunternehmen und Anteilen an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 Prozent) wird nach den gleichen Verfahren mit dem gemeinen Wert (Verkehrswert) erfasst. Lässt sich dieser Wert bei Anteilen an Kapitalgesellschaften nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist der Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder nach einer anderen üblichen Bewertungsmethode zu ermitteln. Der Substanzwert (Aktiva abzüglich Verbindlichkeiten) darf gem. § 11 Abs. 2 BewG nicht unterschritten werden. Gem. § 200 BewG darf der Steuerpflichtige zur Wertbestimmung ein vereinfachtes Ertragswertverfahren mit Kapitalisierung des nachhaltig erzielbaren Jahresertrages anwenden. Der Kapitalisierungsfaktor ergibt sich gem. § 203 BewG aus dem Basiszins und einem Zuschlag von 4,5 Prozent.

2. Verschonung des Betriebsvermögens:

Die Vergünstigungen bei der Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen im Rahmen der Unternehmensnachfolge werden durch die Wahl zwischen zwei Erbschaftsteuermodellen (Regelverschonung und Verschonungsoption) umgesetzt. Der Steuerpflichtige muß eine Option ausüben und ist dann an sie gebunden. Deshalb muß sorgfältig überlegt werden, welche Option gewählt wird. Das begünstigte Betriebsvermögen bleibt von der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) "verschont", wenn der Erbe oder Beschenkte bestimmte Kriterien (Behaltefrist, Lohnsummen) in der Zukunft erfüllt.

Der Verschonungsabschlag beträgt bei der Regelverschonung 85 Prozent des in § 13b Abs. 1 ErbStG aufgeführten genannten begünstigten Vermögens, das man vereinfacht als produktives Vermögen bezeichnen kann. Denn der Gesetzgeber wollte produzierende Betriebe, die Arbeitsplätze und volkwirtschaftlich relevante Werte schaffen, nicht durch Steuern in ihrer Rentabilität behindern oder gar ihren Bestand gefährden. Voraussetzung für die Verschonung ist deshalb immer die Fortführung des Unternehmens, um den gesetzgeberischen Zweck der Verschonung zu rechtfertigen. Ein Verkauf des Unternehmens, die Betriebsaufgabe oder die Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen verursachen den Wegfall der Verschonung. Das gilt bei einem Unternehmensverkauf gem. § 13 a Abs. 5 Nr. 5 ErbStG nicht, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten reinvestiert wird. Überentnahmen  des Unternehmensnachfolgers gefährden die Fortführung des Unternehmens und werden deshalb auch „bestraft“. Entnimmt der Unternehmensnachfolger dem Unternehmen - kumuliert betrachtet - bis zum Ende der Behaltefrist mehr Mittel, als es an Gewinnen erbringt, entfallen Steuervergünstigungen. Eine Überentnahme von bis zu 150.000 Euro gilt gem. § 13 a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG als unschädlich.

3. Regelverschonung und Verschonungsoption:

Die beiden Optionsmodelle werden als Regelverschonung und Verschonungsoption bezeichnet. Verwaltungsvermögen und begünstigtes produktives Vermögen stehen für die Art des Betriebsvermögens. Lohnsummenfrist und Behaltefrist geben die Mindestzeiträume für eine Verschonung vor. Ausgangslohnsumme und Mindestlohnsumme sind Merkmale im Hinblick auf den Erhalt von Arbeitsplätzen, um eine Verschonung von Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer zu erreichen. Der Abzugsbetrag gem. § 13 a Abs. 2 ErbStG in Höhe von 150.000 Euro ist nicht zu verwechseln mit der unschädlichen Überentnahme von bis zu 150.000 Euro.

Regelverschonung als erleichterter Standard:

Die 5-Jahres-Variante mit 85 prozentigem Bewertungsabschlag (Verschonungsabschlag) und dem betrieblichem Abzugsbetrag von 150.000 Euro gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG (Optionsmodell 1 = Regelverschonung) wird die meisten Erben/Beschenkten ansprechen. Denn die Voraussetzungen für das zweite Modell der vollständigen Steuerfreiheit im Erbfall (Optionsmodell 2 = 7-Jahres-Variante = Verschonungsoption) werden weniger Erben/Beschenkte  sicher erfüllen können. Der Erbe bzw. der Beschenkte muss sich beim Erwerb verbindlich zwischen dem 5-Jahres-Modell und dem 7-Jahres-Modell entscheiden. Ein (späterer) Wechsel zwischen diesen Optionsmodellen ist nicht möglich. Die einmal getätigte Option zur Verschonung des Betriebsvermögens (Regelverschonung oder Verschonungsoption) ist unwiderruflich. Unterschreitet beim 7-Jahres-Modell der Unternehmer nur zwei Jahre lang die Lohnsummengrenze, fällt bereits eine höhere Erbschaftsteuer als beim 5-Jahres-Modell an. Als Ausgangslohnsumme (Basislohnsumme) gilt der durchschnittliche Lohnaufwand der letzten 5 Jahre vor der Schenkung bzw. dem Erbfall.

Maximales Verwaltungsvermögen als Teil des Betriebsvermögens:

 Damit die Unternehmer ihr Privatvermögen nicht als privilegiertes Betriebsvermögen verstecken und so der Erbschafts-/Schenkungsteuer weitgehend entziehen, darf das so genannte Verwaltungsvermögen einen bestimmten Prozentsatz (beispielsweise 50 Prozent bei der Regelverschonung gemäß § 13b Abs. 2 ErbStG) im Erbfall bzw. im Zeitpunkt der Schenkung nicht übersteigen. Zum Verwaltungsvermögen gehören zum Beispiel vermietete Immobilien, Wertpapiere oder Kunstgegenstände. Das Gegenteil vom Verwaltungsvermögen ist das Vermögen, das der Produktion dient. Für Verwaltungsvermögen, das im Besteuerungszeitpunkt dem Unternehmen weniger als zwei Jahre zugeordnet war, kann der Verschonungsabschlag nicht beansprucht werden. Die Abgrenzungsprobleme von Verwaltungsvermögen zu Produktionsvermögen wird in der Praxis genutzt, um steuerliche Gestaltungsspielräume zu eröffnen.

Optionsmodell 1, 5-Jahres-Modell, Regelverschonung:

Die "Standardvariante" besteuert nur 15 Prozent des zu besteuernden Betriebsvermögens. Wird das Unternehmen vom Erben bzw. Beschenkten dann mindestens 5 Jahre (so genannte Verhaftungsregelung) lang fortgeführt, bleiben die restlichen 85 Prozent nach 5 Jahren steuerfrei, wenn die Lohnsummenklausel eingehalten wird. Die Anforderung ist erfüllt, wenn die Summe der Löhne und Gehälter während der 5 Jahre - summiert betrachtet - mindestens 400 Prozent der ursprünglichen Ausgangslohnsumme beträgt. Ausgangslohnsumme ist der Durchschnitt der letzten fünf Wirtschaftsjahre vor dem Jahr der Entstehung der Steuer. Der Rückgang der Lohnsumme darf daher für den gesamten Zeitraum nur knapp 20 Prozent betragen. Das Verwaltungsvermögen muss bei der Regelverschonung unterhalb der 50%-Grenze liegen. Es existiert eine Sonderregelung für kleinere Unternehmen. Die Lohnsummenklausel findet dann keine Anwendung, wenn die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder das Unternehmen nicht mehr als 20 Beschäftigte hat.

Bei der Regelverschonung werden 15 Prozent des Betriebsvermögens als nicht begünstigt eingestuft. Die Steuer auf dieses nicht begünstigte Verwaltungsvermögen ist zwar sofort fällig; allerdings gewährt § 13 a Abs. 2 ErbStG einen zusätzlichen Abzugsbetrag in Höhe von 150.000 Euro. Der Abzugsbetrag von 150.000 Euro wird abgeschmolzen, wenn der Wert dieses Vermögens die Wertgrenze von 150.000 Euro übersteigt. Die Hälfte des Betrages, der die 150.000 € übersteigt, verringert den Abzugsbetrag und schmilzt ihn ab. Rechnerisch ergibt sich - nach Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen - eine Freistellung von Betriebsvermögen bis zum Wert von 1 Million Euro. Da die Hälfte des übersteigenden Wertes den Abzugsbetrag (Freibetrag) vermindert, entfällt dieser vollständig, wenn das nicht begünstigte Vermögen (hier: Verwaltungsvermögen) 450.000 Euro erreicht. Beispiel: Wert des Unternehmens beträgt 2.500.000 Euro,. Nach Abzug des Verschonungsabschlag in Höhe von 85% (= 2.125.000 Euro) verbleibt ein nicht begünstigtes Vermögen in Höhe von 375.000 Euro. Der Abzugsbetrag in Höhe von 150.000 Euro wird um 225.000 Euro überschritten. Davon kürzt die Hälfte (= 112.500 Euro) den Abzugsbetrag. Der verbleibende Freibetrag beträgt 37.500 Euro und wird vom nicht begünstigten Vermögen abgesetzt (375.000 Euro minus 37.500 Euro). Der Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer unterliegt in diesem Beispiel ein Erwerb von 337.500 Euro.

Optionsmodell 2, 7-Jahres-Modell, Verschonungsoption:

Der Erbe bzw. Beschenkte kann die Steuerfreistellung zu 100 Prozent wählen. Diese Option führt zu einer vollständigen Steuerfreistellung des Betriebsvermögens und wird von stabilen soliden Familienunternehmen gewählt, die langfristige Erfahrungswerte in Bezug auf Rentabilität und Mitarbeiterbestand haben. Danach muss gem. § 13a Abs. 8 ErbStG der Erwerber durch einen unwiderruflichen Antrag erklären, dass er die Verschonungsoption wählt. Die Anforderungen sind sind deutlich strenger. Das unschädliche Verwaltungsvermögen darf bei dieser Option nur maximal 10 Prozent betragen. Die Behaltensfrist beträgt 7 Jahre und die maßgebende Lohnsumme steigt auf 700 Prozent. Die vollständige Steuerbefreiung tritt also dann ein, wenn das Unternehmen sieben Jahre fortgeführt wird und die Lohnsumme am Ende des gesamten Zeitraums nicht unter 700 Prozent der Ausgangslohnsumme gesunken ist. Auch hier gilt die Sonderregelung für kleinere Unternehmen. Die Lohnsummenklausel findet keine Anwendung, wenn die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder das Unternehmen nicht mehr als 20 Beschäftigte hat.

Abschmelzregelung bei 5- und 7-Jahresmodell:

Die erbschaftsteuerliche Regelung zur Betriebsübertragung bei beiden Modellen wird als Abschmelzmodell oder pro-rata-temporis-Regelung bezeichnet. Wenn in einem Jahr (innerhalb der Behaltensfrist von fünf bzw. sieben Jahre) die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, fällt die Erbschaftsteuer anteilig für dieses Jahr an. Werden im Folgejahr die Voraussetzungen wieder erfüllt, ist für das Folgejahr keine Steuer zu zahlen. Bei einem Verstoß gegen die Fristen erfolgt nur zeitanteilig (pro rata temporis) eine Nachversteuerung für das Jahr des Verstoßes. Ein Beispiel zur Regelverschonung: Ab dem vierten Jahr nach der Unternehmensnachfolge sind die Anforderungen für die Anwendung des Verschonungsabschlages nicht mehr erfüllt. 3 Jahre wurden die Anforderungen aber eingehalten. Dem Erben (Beschenkten) bleiben 3/5 des Verschonungsabschlages erhalten.

Rückwirkung der erleichterten Verschonungsregeln nach Gesetzesänderung:

Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist die Einhaltung der Verschonungsregeln erleichtert worden. Bei Erbschaften und Schenkungen sind die Behaltefristen bei der Regelverschonung von 7 auf 5 Jahre und bei der Verschonungsoption von 10 auf 7 Jahre verkürzt worden. Außerdem sind die Anforderungen an die Lohnsumme herabgesetzt worden: Bei der Regelverschonung von 750 Prozent nach 7 Jahren auf 400 Prozent nach 5 Jahren und bei der Verschonungsoption von 1000 Prozent nach 10 Jahren auf 700 Prozent nach 7 Jahren. Die erleichterten Verschonungsregeln gelten rückwirkend zum 01.01.2009. In den Fällen, in denen Erben verbindlich bis zum 30. Juni 2009 erklärt haben, dass sie für Erbschaften in den Jahren 2007 und 2008 für das neue Erbschaftsteuerrecht optieren, greifen die günstigeren Verschonungsregeln auch rückwirkend für diese Jahre bis ggf. 2007 (§ 37 Abs. 3 ErbStG 2010).

Tarifbegrenzung beim Erwerb von Betriebsvermögen:

Nach § 19a ErbStG kommt eine natürliche Person der Steuerklasse II oder III in den Genuss einer Tarifermäßigung, mit der bei Übertragung eines Unternehmens an entfernte Verwandte oder Dritte eine ähnliche (niedrige) Steuerbelastung wie bei Übertragung etwa an Kinder erreicht wird. Die höhere Steuer entfernt Verwandter oder Dritter wird dazu über einen so genannten Entlastungsbetrag auf das Niveau der Steuerklasse I reduziert.

Stundung der Erbschaftsteuer beim Erwerb von Betriebsvermögen:

Der Gesetzgeber will vermeiden, dass erworbenes Betriebsvermögen veräußert werden muss, damit der Erbe (Beschenkte) die Steuer auf das erworbene Betriebsvermögen zahlen kann. Um die zwangsweise Veräußerung beispielsweise eines Grundstücks zur Entrichtung der Erbschaftsteuer zu vermeiden, sieht das Erbschaftsteuerrecht gem. § 28 ErbStG die Stundung der Steuer auf Antrag bis zu zehn Jahren vor, soweit dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist.

4. Allgemeine Erwägungen zu den Auswirkungen der Steuerprivilegierung:

Die erbschaftsteuerlichen Erleichterungen und Vergünstigungen für die Unternehmensnachfolge und die Übertragung von Betriebsvermögen werden durch das Modell "Regelverschonung" oder der "Verschonungsoption" umgesetzt. So wird bei der Verschonungsoption die Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer auf das erworbene Betriebsvermögen innerhalb von 7 Jahren bei Fortführung des Unternehmens auf Null gesenkt, wenn das Unternehmen im Kern fortgeführt wird und die Arbeitsplätze im Unternehmen erhalten bleiben. Dabei sind scharfe Anforderungen an die Lohnsumme und dem produktiven Einsatz von Betriebsvermögen zu erfüllen.

Ein Erbe (unabhängig vom Verwandtschaftsgrad) kann die Erbschaftsteuer vollständig "abarbeiten" bzw. "abschmelzen", wenn das Unternehmen entsprechend fortgeführt wird. In vielen Fällen werden wegen der erklärten Option nur 85 Prozent des vererbten Betriebsvermögens steuerfrei gestellt, denn die Anforderungen an Produktivvermögen (>90%) und Einhaltung der Lohnsumme (zu 100%) sind beim 7-Jahres-Modell (Verschonungsoption) sehr streng. Das heißt, 15 Prozent des Wertes des geerbten Betriebsvermögens sind bei der Regelverschonung der Erbschaftsteuer zu unterwerfen, wenn der Zeitraum der Unternehmensfortführung mindestens 5 Jahre ausmacht. Die formellen Anforderungen an Produktivvermögen (>50%) und Einhaltung der Lohnsumme sind bei der Regelverschonung deutlich geringer. Wer als Unternehmensnachfolger konservativ denkt, wird daher eher zum Modell der Regelverschonung tendieren.

5. Entnahmen aus dem Betriebsvermögen und Nachversteuerung

Mit der Regelung zum Schonvermögen sind im Vergleich zum Gewinn höhere Entnahmen aus dem produktiven Betriebsvermögen gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG tabu, wenn die Erben keine (zusätzliche) Nachversteuerung bei der Erbschaftsteuer riskieren wollen. Steuerfrei bleibt eine Entnahme während des 5-Jahreszeitraumes bei der Regelverschonung und während des 7-Jahreszeitraumes bei der Verschonungsoption gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG, sofern diese Entnahme insgesamt nicht den Wert von 150.000 Euro übersteigt. Die notwendige Unterscheidung nach Art des Betriebsvermögens hat seine Tücken und wird sicherlich die Finanzgerichte in Zukunft zusätzlich beschäftigen.

6. Erbschaftsteuerplanung und Gestaltungsmaßnahmen

Für Steuerberater, Notare und Steuerjuristen ist das Betätigungsfeld "Erbschaftsteuerplanung und Steuerminimierung" umfangreicher geworden. Insbesondere die Gestaltung und Vorsorge für den Erbfall bedarf sorgfältiger Planung und regelmäßiger Kontrolle. Dabei kann es durchaus sein, dass die Maßnahmen volkswirtschaftlich kontraproduktiv sind.

Beispiele:

a)  Lohnsummengrenze herabsetzen. Es gilt der durchschnittliche Lohnaufwand während der letzten 5 Jahre vor dem Erbfall bzw. der Schenkung. So können Unternehmer auf den Gedanken kommen, rechtzeitig Arbeitsplätze abzubauen und durch externe Mitarbeiter zu ersetzen.

b) Verwaltungsvermögen in Produktiv-Vermögen "umwandeln"

c)Verwaltungsvermögen (z.B. in externe Gesellschaften) auslagern

d) Unternehmensaufspaltung abwägen, um z.B. das Unternehmen für beide Optionsmodelle für die ErbSt vorzubereiten

Die Verschonungsregel begünstigt nur den Erben, der mindestens ein Viertel des Unternehmens erbt. Häufig sind Familienunternehmen jedoch über mehrere Generationen vererbt worden. Ein Anteil von mehr als 25 Prozent ist damit nicht immer gewährleiste

Auf viele Firmenerben und beschenkte Unternehmensnachfolger kommt eine Neubewertung zu. Die Bewertung der Unternehmen für Zwecke der Erbschaftsteuer muss sich am Verkehrswert orientieren und nicht mehr - wie früher - an den zumeist deutlich niedrigeren Steuerbilanzansätzen. Während die Steuerbilanz jedes Jahr zu erstellen ist, ist der Verkehrswert eines Unternehmens ggf. im Erbfall bzw. bei einer Schenkung gesondert zu ermitteln. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater können mit neuen lukrativen Aufträgen rechnen. Diese Parteigutachten unterliegen zwar der Überprüfung der Finanzbehörden, die aber selten die notwendigen Kapazitäten frei haben.

C. Sachliche Steuerbefreiungen:

§ 13 ErbStG regelt die sachlichen Steuerbefreiungen. Die Voraussetzungen für eine sachliche Steuerbefreiung müssen, soweit nichts anderes bestimmt ist, im Zeitpunkt der Entstehung der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer erfüllt sein. Sind sie erst nach diesem Zeitpunkt eingetreten, kommt eine Steuerbefreiung nicht in Betracht. Jede einzelne Steuerbefreiung ist unabhängig für sich anzuwenden. Eine Steuerbefreiung schließt daher eine andere - auch weitergehende - Befreiung nicht aus.

Die Steuerbefreiungen gelten - sofern nichts anderes geregelt ist - sowohl für Schenkungen unter Lebenden als auch für Erwerbe von Todes wegen. Auch hier greift die 10-Jahresfrist, so dass bei einem Zeitabstand von mehr als 10 Jahren die Steuerbefreiungen mehrfach in Anspruch genommen werden können. Zu den wichtigsten Posten der sachlichen Steuerbefreiung des § 13 ErbStG zählen:

Hausrat: Befreiung bis zu 41.000 Euro für Hausrat einschließlich Wäsche und Kleidung für jeden einzelnen Erwerber der Steuerklasse I und den eingetragenen Lebenspartner, andere bewegliche körperliche Gegenstände (z.B. separat genutztes Auto) beim Erwerb durch Personen der Steuerklasse I und eingetragene Lebenspartner in Höhe von 12.000 Euro. Dazu zählen nicht Zahlungsmittel, Wertpapiere, Münzen, Edelmetalle, Edelsteine und Perlen sowie Gegenstände, die zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, Grundvermögen oder Betriebsvermögen gehören sowie Hausrat einschließlich Wäsche und Kleidungsstücke und andere bewegliche körperliche Gegenstände, soweit der Wert beim Erwerb durch Personen der Steuerklassen II und III insgesamt 12.000 Euro nicht übersteigt.

Öffentliches Interesse: Grundbesitz oder Teile von Grundbesitz unter bestimmten weiteren Voraussetzungen entweder bis zu 85 Prozent oder in vollem Umfang, wenn die Erhaltung dieser Vermögensgegenstände wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt und sie der Forschung oder der Volksbildung nutzbar gemacht sind oder werden (z.B. auch Grundvermögen unter Denkmalschutz).

Kunstsammlungen: Bei Kunstgegenständen, Kunstsammlungen, wissenschaftlichen Sammlungen, Bibliotheken und Archiven beträgt die teilweise Steuerbefreiung unter den gleichen Voraussetzungen 60 Prozent. Auch hier ist eine volle Steuerbefreiung möglich.

Erwerb des "Dreißigsten" nach § 1969 BGB: § 1969 BGB verpflichtet den oder die Erben, dem überlebenden Ehegatten, der zum Zeitpunkt des Todes mit dem Erblasser in einem Haushalt lebte, die Nutzung der ehelichen Wohnung bis dreißig Tage nach dem Todestag zu gestatten. Soweit der Erblasser dem Ehepartner Unterhalt gewährt hatte, ist dieser Unterhalt ebenfalls während der ersten dreißig Tage nach dem Todestag weiter zu zahlen. Der Kreis der Begünstigten des "Dreißigsten" ist weiter zu ziehen. Die Rechtsvorschrift spricht von Familienangehörigen des Erblassers und die Rechtsprechung zählt auch den nichtehelichen Lebenspartner dazu.

Befreiung einer (Darlehens-)Schuld wegen Unterhalt oder Ausbildung: Voraussetzung ist, dass der Erblasser dem Bedachten ein Darlehen zu Ausbildungszwecken oder zur Führung eines angemessenen Unterhalts oder in einer Notlage gewährt hatte. Der Verzicht zur Rückzahlung des Darlehens unterliegt in diesen Fällen nicht der Erbschaftsteuer. Sobald dem Bedachten aber vom Erblasser auch weiteres Vermögen zugewendet wurde, entfällt die Steuerbefreiung, wenn und soweit mit der Hälfte des weiteren Vermögens die Erbschaftsteuerschuld gedeckt werden kann.

Befreiung bis zu 41.000 Euro bei erwerbsunfähigen Eltern und Großeltern: Steuerbefreit ist ein Erwerb, der Eltern, Adoptiveltern, Stiefeltern oder Großeltern des Erblassers zufällt, sofern der Erwerb zusammen mit dem übrigen zugewendeten Vermögen des Erwerbers 41.000 Euro nicht übersteigt und der Erwerber infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen und unter Berücksichtigung seiner bisherigen Lebensstellung als erwerbsunfähig anzusehen ist oder durch die Führung eines gemeinsamen Hausstands mit erwerbsunfähigen oder in der Ausbildung befindlichen Abkömmlingen an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Übersteigt der Wert des Erwerbs zusammen mit dem übrigen Vermögen des Erwerbers den Betrag von 41. 000 Euro, so wird die Steuer nur insoweit erhoben, als sie aus der Hälfte des die Wertgrenze übersteigenden Betrags gedeckt werden kann.

Pflegeleistungen: Befreiung bis zu 20.000 Euro für Personen, die dem Erblasser unentgeltlich Pflege oder Unterhalt gewährt haben (Pflegepauschbetrag für Pflegeleistungen). Im Erbrecht spielen erbrechtliche Gestaltungen und Zuwendungen an Personen, die Pflegeleistungen erbringen, eine immer größere Rolle. Diese Befreiungsvorschrift greift nicht bei Pflege und Unterhalt, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen (z.B. Ehegatten nach § 1353 BGB) oder zum Unterhalt (z.B. Ehegatten nach § 1360 BGB oder Verwandte in gerader Linie nach § 1601 BGB) geleistet werden. Pflege oder Unterhalt müssen auch unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt geleistet worden sein. Bei einem Erwerb von Todes wegen kann der Freibetrag für Pflege- oder Unterhaltsleistungen nicht gewährt werden, wenn insoweit ein Abzug als Nachlassverbindlichkeit vorzunehmen ist, denn § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG ist gegenüber § 10 Abs. 5 ErbStG (Abzug von Nachlassverbindlichkeiten) nachrangig.

Sehr häufig werden Pflegeleistungen - insbesondere auch innerhalb der Nachbarschaft - entgeltlich erbracht. Statt der Pflegesachleistung durch ambulante Pflegedienste, entsteht so ggf. ein Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 SGB XI oder ein anteiliges Pflegegeld bei Kombination von Geldleistung und Sachleistung (vgl. § 38 SGB XI).

Um festzustellen, ob und in welchem Ausmaß die Vereinbarung entgeltlicher oder unentgeltlicher Pflegeleistungen für den Pflegebedürftigen bzw. die pflegende Person steuerlich günstiger ist, müsste eine detaillierte Vergleichsrechnung im konkreten Einzelfall erstellt werden. Bei der Vereinbarung entgeltlicher Pflegeleistungen sollte ggf. auch ein Kontrollmedium berücksichtigt werden, so dass beim körperlichen bzw. insbesondere beim geistigen Verfall eine Kontrolle der Pflege erfolgt.

Rückfall von Vermögensgegenstände an Eltern oder Voreltern: Steuerfrei bleibt der Rückfall von Vermögensgegenständen, die Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen durch Schenkung oder Übergabevertrag zugewandt haben und die an diese Personen durch Erwerb von Todes wegen zurückfallen. Die Vorschrift findet nur beim Rückerwerb von Todes wegen, nicht dagegen bei Rückschenkungen Anwendung.

Die Befreiung kommt nur in Betracht, wenn die zurückfallenden Vermögensgegenstände dieselben sind wie die seinerzeit zugewendeten Gegenstände oder wenn zwischen dem zugewendeten und dem zurückfallenden Vermögensgegenstand bei objektiver Betrachtung eine Art- und Funktionsgleichheit besteht. "Normale" Wertveränderungen bleiben unberücksichtigt, d.h. Wertsteigerungen der geschenkten Vermögensgegenstände, die ausschließlich auf der wirtschaftlichen Entwicklung beruhen, stehen der Steuerfreiheit des Rückfalls nicht entgegen.

Ein typischer Fall ist die erbrechtliche Gestaltung mit vereinbartem Rücktrittsrecht. Beispiel: Ein Vater schenkt seinem volljährigem Sohn ein rentables Mietobjekt. Für den Fall, dass sein Sohn vor ihm verstirbt, kann er von der Schenkung zurücktreten. Bei der Erklärung des Rücktrittsrechts nach dem Tod des Sohnes wird die damalige Schenkung rückabgewickelt. Die für das Millionenobjekt gezahlte Schenkungsteuer ist zu erstatten (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).

Verzicht auf Pflichtteil: Die Erbschaftsteuer entsteht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 b ErbStG für den Erwerb eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs. Wer keinen Pflichtteil geltend macht, für den kann folglich auch keine ErbSt entstehen. Doch Vorsicht (Haftungsfalle): Die Steuer entsteht auch dann, wenn die Einforderung des Pflichtteils später (nach Geltendmachung) nicht mehr erfolgt oder etwa wegen Verjährung nicht mehr geltend gemacht werden kann (FG München, ErbStR 2006,8). Der Verzicht auf einen bereits geltend gemachten Pflichtteilsanspruch stellt dann wiederum eine Schenkung unter Lebenden des Pflichtteilsberechtigten an die Erben dar und wird gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG besteuert (FG München, ErbStR 2006,8). Das reine Auskunftsverlangen nach § 2314 BGB ist noch keine Geltendmachung im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 b ErbStG (BFH, 19.07.2006 – II R 1/05, ZEV 2006, 514).

Zuwendungen unter Lebenden zum Zwecke des angemessenen Unterhalts oder zur Ausbildung des Bedachten: Zuwendungen aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung (z.B. Ehegatten nach § 1353 BGB) oder zum Unterhalt (z.B. Ehegatten nach § 1360 BGB oder Verwandte in gerader Linie nach § 1601 BGB) fallen nicht unter diese Befreiung. Es muss sich um freiwillige und laufende Zahlungen handeln, die entweder dem Bedachten einen angemessenen Unterhalt ermöglichen (Frage der Bedürftigkeit) oder um Zahlungen, die eine Ausbildung des Bedachten finanzieren sollen.

Übliche Gelegenheitsgeschenke: Hierunter sind alle Geschenke zu verstehen, die sowohl nach ihrem Anlass als auch nach ihrem Wert die übliche Höhe zwischen den Beteiligten nicht übersteigen. Bei sehr vermögenden Familien kann es üblich sein, dass jedes Kind zum bestandenen Abitur ein Auto im Wert von 100.000 Euro geschenkt bekommt. Es ist in diesem Fall aus der Sicht der Beteiligten ein übliches Gelegenheitsgeschenk. Geschenke, die hingegen nicht (mehr) angemessen sind, unterliegen in voller Höhe der Schenkungsteuer, d.h. es erfolgt keine Aufteilung in einen angemessenen und einen unüblichen Teil.

Befreiung für Spenden: Die Zuwendungen zu gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken muss der Erblasser oder Schenker verfügt haben und die Verwendung muss gesichert sein, wobei die begünstigten Zwecke auch im Ausland verfolgt werden können. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung der bedachten Organisation richtet sich nach den §§ 51 ff. AO.